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Wo der Raum vorbeifliegt

Katinka Eichhorn Jordan Madlon

05.11.2022 - 15.01.2023

Ausstellung

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Der Heidelberger Kunstverein gibt die erste gemeinsame Ausstellung der in Mannheim lebenden Künstler:innen Katinka Eichhorn (*1993) und Jordan Madlon (*1989) bekannt. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Malerei, Skulptur, Poesie, Assemblage und Zeichnung. Sie erweitern die Kritik an den Beschränkungen Medium-basierter Kategorien und finden im ›Dazwischen‹ den Raum für ihre Bild-Objekte.

In ihrer Kunst werden zweidimensionale Bildträger wie Papier oder Textil zusammengenäht, bedruckt, gefüllt, dehnen sich aus, werden zu Körpern. Sie hängen an den Wänden, teilen Räume – Innen von Außen –, fallen in sich zusammen, biegen und halten sich. Da, wo das Material hart ist, werden die Formen umso weicher, scheinen zu verfließen. Rechte Winkel gibt es nicht, außer da, wo die Linie den Raum nachahmt, den Eichhorn und Madlon künstlerisch befragen. Neben Stoffauswahl und Art der Füllmaterialien werden auch die Schwerkraft und Hängung zu Beteiligten am Formgebungsprozess.

Mittels unterschiedlich übereinander geschichteter Ausschnitte aus Holz und Aluminium wird optisch Bewegung suggeriert. Von einer visuellen horizontalen Achse ausgehend scheinen einige Formen nach unten zu fließen, während andere entgegen der Anziehung nach oben streben. Die Offenheit, Elastizität und Dynamik, die hier zu sehen ist, wird durch bewusst gesetzte Leerstellen in den Arbeiten noch verstärkt. Als Details lenken diese ›Cut-Outs‹ die Aufmerksamkeit auf das Ausgelassene sowie den Prozess der Auslassung. Zugleich stellen sie als Unterbrechungen und Fragmente das Potenzial des Ergänzens in den Bildraum, das die Betrachter:innen in das Kalkül der Arbeit einbezieht.

Die Ausstellung mit dem Titel ›Wo der Raum vorbeifliegt‹ befasst sich mit der Idee des Dazwischen, die sich materiell in einzelnen Arbeiten, aber auch metaphorisch als übergreifende Verbindung zwischen beiden künstlerischen Praktiken manifestiert. Diesen ›Zwischenraum‹ beschreiben die Künstler:innen selbst als nicht sichtbaren Raum. Die Aufgabe der Arbeiten besteht darin, ihn zu einem greifbaren Raum werden zu lassen.

Das Augenmerk auf das Dazwischen zu lenken, bedeutet, ein Verständnis von den Dingen zu entwickeln, das durch Bewegung und Vermittlung konstituiert wird. Als (seltsam schlüpfriger) Zustand ermöglicht der Zwischenraum den Künstler:innen, dem Essentialismus zu entkommen, der die westliche Logik in ihrer Suche nach der wahren Natur der Dinge beherrscht und die Welt in dieses oder jenes einteilt. Bei Eichhorn und Madlon ist der Raum nicht mehr nur physischer Behälter, sondern wird als dynamisches Phänomen semantischer Uneindeutigkeit aktiviert. 

Interessanterweise bot das Gedicht ›Unaufhaltsam‹ (1994) von Hilde Domin über die Macht (ausgesprochener) Wörter den Künstler:innen Inspiration für die Ausstellung: Die Zeile ›Wo das Wort vorbeifliegt‹ wird angepasst — ›Wort‹ durch ›Raum‹ ersetzt — und somit dessen Wirkmacht zum Ausdruck gebracht. Nicht ohne Grund steht in der Ausstellung die Erkundung von ›Raumverhältnissen‹ und weniger die Befragung des Bildraums oder die Bedeutungen einzelner Bildelemente als Zeichen im Vordergrund.

Künstler:innenKatinka Eichhorn (*1993 in Hamburg, Deutschland) schafft Objekte aus Textil. Zeichnungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie sind ihre Antwort auf persönliche Erinnerungen, Beobachtungen, sowie präzise Vermessungen. Die Linie dieser ›zeichnerischen Überlegungen‹ wird dabei auf den Umgang mit Textilien übertragen. Mal manifestiert sie sich als Saum – und bringt einen Teil des hinteren Stoffs nach vorn – mal bildet sie kaum wahrnehmbare Nahtmuster. Die Wechselwirkung von negativem und positivem Raum, Fragmentierungen, Symmetrien und deren Auflösung sind dabei wiederkehrende Elemente in ihren Kompositionen.Jordan Madlon (*1989 in Les Abymes, Guadeloupe) setzt sich durch unterschiedliche Techniken mit Farbe, Form und Raum auseinander. Seine plastischen Bildkompositionen bestehen aus Holz-, Aluminium- und Textilausschnitten, die miteinander kombiniert werden. In seinen Druckobjekten entwickelt er das Medium des Holzdrucks weiter; Stoff wird dabei zum Bildträger. Spielerische Linien- und Buchstabenformen prägen seine Formensprache. Aus einer Sammlung an kleinen Zetteln, Reststücken von Zuschnitten und Notizen stellt er Kompositionen zusammen, die er als ›Anmerkungen über Zeit und Dauer‹ betitelt.
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