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Winds of the Anthropocene

Heather Dewey-Hagborg Kyriaki Goni Arjuna Neuman Sybille Neumeyer Mimi Onuoha

02.09. - 05.11.2023

Filmausstellung

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Mit ›Winds of the Anthropocene‹ 1 präsentiert der Heidelberger Kunstverein fünf künstlerische Filme, die sich mit biologischen und technologischen Systemen auseinandersetzen und das Verhältnis zwischen menschlicher und nicht-menschlicher Geschichte untersuchen. Die Arbeiten plädieren für eine nicht vom Anthropozentrismus geprägte Beziehung zur Erde und werden in einer bestimmten Reihenfolge im UG des HDKV gezeigt.Das Anthropozän ist unsere Gegenwart, der Mensch die dominierende geologische Kraft und der Klimawandel die unbeabsichtigte Folge. Trotz der Kritik an der trügerischen Universalität, die das Präfix ›anthropos‹ (altgriechisch für ›Mensch‹) impliziert, ist das Anthropozän nach wie vor die populärste Bezeichnung für unser geologisches Zeitalter. Die Filme spüren diesem Erbe aus der Zeit der Aufklärung nach und beschäftigen sich nicht nur mit den ökologischen, sondern auch mit den sozialen und kulturellen Auswirkungen menschlichen Handelns.Dabei drehen sie sich um scheinbar neue Technologien, richten den Blick aber auch auf die Vergangenheit – auf Überreste der natürlichen Welt, auf Ökosysteme und indigene Kulturen, die verdrängt wurden. Die Arbeiten verbannen den modernen Geist, der die Welt als gegeben hinnimmt, und zwingen uns, aus dem zu lernen, was wir eigentlich für überholt halten. Sie fordern uns dazu auf, in größeren zeitlichen Dimensionen zu denken und den Menschen als eine Minderheit unter einer Mehrheit anderer Lebewesen zu definieren 2. Sybille Neumeyers spekulativer Videoessay ›Souvenirs entomologiques #1: odonata / weathering data‹ (2020) erforscht die Verflechtungen von Menschen, Wetter und Insekten in einer datengesteuerten Welt. Der Film folgt Libellen durch Zeit und Raum: von ihrer Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft, aus Ökosystemen in Museumssammlungen, aus Wetterwelten in Datenwolken. Insektenidentitäten werden durch Kartierungs-, Überwachungs- und Sammlungsmethoden vermittelt und neu geformt.Bei Kyriaki Gonis Arbeit ›The mountain-islands shall mourn us eternally (Data Garden Dolomites)‹ (2022) handelt es sich um ein CGI-Video – in den „Computer Generated Images“ spricht eine Pflanze zu uns. ›Data Gardens‹, so erfahren wir, sind Netzwerke von Pflanzen, die digitale Informationen speichern und über den ganzen Planeten verteilen. Ausgehend von diesem hypothetischen Szenario und unter Verwendung von Aspekten aus der jüngsten wissenschaftlichen Forschung über die Datenspeicherkapazität des genetischen Materials von Organismen, untersucht die Arbeit die DNA als technisches Medium.Die Protagonisten in Heather Dewey-Hagborgs als Oper konzipiertem Film ›Hybrid: an Interspecies Opera‹ (2022) sind Schweine, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie sich als Herzspender für Transplantationen eignen. Der Film wirft die Frage auf, ob die Gen-Editierung mittels der sogenannten CRISPR-Genschere einen radikalen Bruch mit der jahrtausendealten Praxis der selektiven Züchtung darstellt oder ob es sich um deren Fortsetzung handelt.In ›These Networks In Our Skin‹ (2021) von Mimi Ọnụọha verlegen vier Frauen Internetkabel neu und füllen sie mit Haaren und Gewürzen – Materialien, die mit Ritualen und Gemeinschaft assoziiert werden. Sie fügen sich in die technische Infrastruktur ein und machen deutlich, dass sie lediglich andere kulturelle Werte ersetzen, die dort bereits verankert sind.›4 Waters-Deep Implication‹ (2018) von Denise Ferreira da Silva und Arjuna Neuman erzählt die haitianische Revolution neu und verbindet sie mit einem Erdbeben im Jahr 1784. Dieses Erdbeben ist der Katalysator der Revolution – eine Vorhersage der schwarzen Unabhängigkeit. Der Film führt über vier Meere – das Mittelmeer, den Atlantik, den Pazifik und den Indischen Ozean – und nach Lesbos, Haiti, auf die Marshall-Inseln und die Tiwi-Inseln, um Themen wie Kolonialismus und ökologische Verwüstung anzusprechen und die Verbindung zwischen geologischen Verschiebungen und der Produktion von Wissen zu untersuchen.

Notes

  1. Der Titel ist folgendem Buch entliehen: Anna Tsing, Heather Swanson, Elaine Gan, Nils Bubandt Tsing (Hg.), ›Arts of Living on a Damaged Planet‹, Minneapolis 2017, S. 1.
  2. Vgl. Dipresh Chakrabarty, ›The Climate of History in a Planetary Age‹, Chicago 2021, S. 195 (auf Deutsch erschienen unter dem Titel ›Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter‹, Berlin 2022).
Über die Künstler:innenHeather Dewey-Hagborg ist Künstlerin und Biohackerin und beschäftigt sich mit Kunst als Forschung und Technologiekritik. Zu ihren biopolitischen Kunstpraktiken gehört das Projekt Stranger Visions, in dem sie aus der Analyse von an öffentlichen Orten gesammeltem genetischem Material Porträts schuf. Ausstellungen (Auswahl): World Economic Forum, Davos (CH); Daejeon Biennale (KR); Guangzhou Triennial (CN); Shenzhen Bi-city Biennale of Urbanism\Architecture (CN); transmediale, Berlin (DE); Walker Art Center, Minneapolis (US); Philadelphia Museum of Art (US); PS1 MoMA, New York (US). Sammlungen: Centre Pompidou, Paris (FR); Victoria and Albert Museum, London (UK); SFMoMA, San Francisco (US).Kyriaki Goni untersucht die politischen, affektiven und ökologischen Aspekte von Technologie. Ihre Arbeit konzentriert sich auf Extraktivismus, Überwachung, menschliche und nicht-menschliche Beziehungen, Netzwerke und Infrastrukturen. Ausstellungen (Auswahl): The Breeder, Athen (GR); Drugo More, Rijeka (HR); SixtyEight Art Institute, Kopenhagen (DK); Kunstverein Ost, Berlin (DE); Onassis Stegi, Athen (GR); Museum für zeitgenössische Kunst, Ljubljana (SI); Kunsthalle Mannheim (DE); Microwave International New Media Arts Festival, Hongkong (HK); 2. Warschau Biennale (PL); 13. Shanghai Biennale (CN); Ars Electronica, Linz (AT); Kunsthalle Tallinn (EE); transmediale, Berlin (DE).Arjuna Neuman ist ein Künstler, Filmemacher und Schriftsteller, der den Essay als futuristische Methode einsetzt. Denise Ferreira da Silva beschäftigt sich als Künstlerin und Philosophin mit den ethisch-politischen Herausforderungen der globalisierten Gegenwart. Die künstlerische Zusammenarbeit der beiden beruht auf ihrer Sichtweise der Welt als einer Landschaft, in der Menschen mit Geologien, Bakterien und Wetter verbunden sind. Ausstellungen/Screenings (Auswahl): Centre Pompidou, Paris (FR); Whitechapel Gallery, London (UK); 56. Biennale Venedig (IT); Haus der Kulturen der Welt, Berlin (DE); Institute of Contemporary Arts, London (UK); Julia Stoschek Foundation, Berlin (DE); Museum Arnhem (NL); Berlinale Forum Expanded (DE). Sammlungen: Belkin, Vancouver (CA).Sybille Neumeyer ist Künstlerin, Kuratorin und Forscherin, deren Schwerpunkt auf ökologischen Beziehungen liegt. Ihre Arbeit basiert auf postdisziplinärer Forschung und Zusammenarbeit sowie auf nicht-linearem und mehrstimmigem Erzählen von Geschichte(n). In Installationen, Spaziergängen, Vorträgen und Videoessays untersucht sie die Schnittpunkte des Verlustes biokultureller Diversität, einer mehr-als-menschlichen Gesundheit und der Klimakrise. Ausstellungen (Auswahl): Charité Berlin (DE); Art Laboratory Berlin (DE); Onassis Stegi, Athen (GR); Kunsthaus Dresden (DE); EXiS, Seoul (KR), ZKM Karlsruhe (DE); Museum für Naturkunde, Berlin (DE).Die nigerianisch-amerikanische Künstlerin Mimi Ọnụọha hinterfragt und enthüllt in ihren Arbeiten die widersprüchliche Logik technologischen Fortschritts. Durch Druck, Code, Daten, Video, Installation und Archivmedien bietet Ọnụọha neue Orientierungen, um die Leerstellen zu verstehen, die Bereiche wie Arbeit und Ökologie definieren. Ausstellungen (Auswahl): bitforms gallery, New York (US); Forest City Gallery, London (UK); Whitney Museum of American Art, New York (US); Australian Centre for Contemporary Art, Melbourne (AU); Mao Jihong Arts Foundation, Shanghai (CN); La Gaîté Lyrique, Paris (FR); transmediale, Berlin (DE); The Photographers Gallery, London (UK); NEON, Athen (GR).
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